Last Update: 23.06.10

INSIDEKINO

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Mark G. meint:

Die Filmförderungsanstalt hat vor zwei Wochen die Halbjahresbilanz der deutschen Kinos vorgestellt und das Ergebnis war niederschmetternd.

Demnach gingen im ersten Halbjahr 71,3 Mio. Deutsche ins Kino, 11,3 % bzw. 9,1 Mio. weniger als im Vorjahr (80,4 Mio. Besucher).

Der Umsatz sank sogar um 12,6 % von €474,0 Mio. auf €414,5 Mio..

Der durchschnittliche Eintrittspreis sank um 8 Cent von €5,89 auf €5,81.

Einziger Lichtblick: Der deutsche Marktanteil stieg von 13,1 % im Vorjahr (10,3 Mio.) auf 16,1 % (11,3 Mio.) - davon entfallen aber 52 % auf Good Bye Lenin!

Als Hauptursachen für den Rückgang nannte die FFA "neben der außergewöhnlichen hochsommerlichen Wetterlage und dem schwächeren Filmangebot, vor allem die allgemeine wirtschaftliche Situation... Im besonderen hat aber im ersten Halbjahr 2003 die digitale Piraterie auf den Kino-Filmbereich eingewirkt... Die GVU hat den Schaden in der Bundesrepublik für das Jahr 2002 auf €354 Mio. geschätzt. Durch die DVD-Piraterie ab Januar 2003 haben sich die Schäden stärker auf die Kinowirtschaft verlagert."

Auch wenn sich die FFA damit tröstet, dass die Besucherzahlen in Frankreich (-9 %) und den USA (-6 %) ebenfalls gesunken sind, dann bleibt dennoch ein katastrophales Ergebnis zurück. Das erste Halbjahr 2003 war das schlechteste erste Halbjahr der letzten fünf Jahre und Besserung ist nicht in Sicht. Das Besucherminus hat sich bis zur Woche 33 auf 14 % vergrößert, eine Aufholjagd im vierten Quartal ist äußerst unwahrscheinlich, da diesen November ein Harry Potter-Film fehlt (9,6 Mio. und 12,5 Mio. Besucher in den letzten beiden Jahren).

So weit die Fakten. Was ist aber nun wirklich schuld an diesem dicken Minus?

Meiner Meinung nach hat die FFA durchaus recht.

1. "Die hochsommerliche Wetterlage": Hier kann sich natürlich jeder an die eigene Nase fassen und prüfen, wie oft er dieses Jahr beim Baden und wie oft er im Kino war und dies mit den Vorjahren vergleichen. Hier sehe ich 7 % Minus (von 14 %).

2. "Die allgemeine wirtschaftliche Situation": Ich glaube, dass dies keine große Rolle spielt. Schließlich ist Kino immer noch eines der billigsten Freizeitangebote, die wir haben. Ein Ticket zu einer Sportveranstaltung ist wesentlich teuer, ein Discobesuch mit einem Drink ebenfalls, zwei Stunden auf dem Oktoberfest oder auf anderen Festivitäten machen wirklich arm. Außerdem hat die FFA festgestellt, dass die Eintrittspreise sogar gesunken sind. Und man muss ja nicht am Wochenende ins Kino gehen, die Kinotage bzw. Half Price Days verdienen ihre Namen. Hier sehe ich 0 % Minus (von 14 %).

3. "Die digitale Piraterie": Dies wird wirklich zu einem Riesenproblem. Die Musikindustrie hat es in den letzten zehn Jahren vorgemacht, jetzt ist die Filmbranche dran. Wir müssen uns wohl an Rückgänge im Schnitt von 10 % pro Jahr gewöhnen, so wie es die Musikkollegen ertragen müssen. Vielleicht helfen aber die neuen Gesetze, die demnächst in Kraft treten - hoffentlich... Hier sehe ich 3 % Minus (von 14 %), Tendenz aber steigend.

4. "Das schwächere Filmangebot": Boy oh Boy, wenn man sich die Filme in den ersten acht Monaten des Jahres anschaut, hat da außer Final Destination 2 wirklich ein Film mehr Besucher verdient? Was Hollywood uns da vorsetzte war ja wirklich schlecht oder grottenschlecht - meine persönlichen Favoriten Good Bye Lenin!, The Hours und Frida lasse ich mal außen vor, da diese Filme ja weit über den Erwartungen liefen... Hier sehe ich 4 % Minus (von 14 %).

Nochetriste meint:

Hi,
eigentlich ist alles schon gesagt worden was für das wirklich "saumiese" Jahr spricht. Sowohl die Piraterie als auch die ungeahnte schlechte Qualität der Filme ist mit verantwortlich. Ob schärfere Gesetze die Filmpiraterie jedoch auf Sicht eindämmen werden bezweifle ich aber. Was das Kino an sich wieder werden sollte, ist meiner Meinung nach ein Ort wo sich die ganze Familie trifft. Klingt zwar etwas altbacken ist es aber nicht. Ich war gerade in Australien und habe da einige Filme angeschaut. Mir ist aufgefallen das die Kinos dort andere Öffnungszeiten haben als hier. Die Familienfreundliche Zeit, so gegen 18.45 Uhr, wurde sehr rege genutzt. Aber vielleicht lässt sich das mit den Vorstellungszeiten ja gar nicht ändern, weil wir hier in Deutschland viel zu lange arbeiten müssen ...
Abschließend will ich nur noch sagen das es ein grosses Problem ist wenn selbst ältere Leute ihren Hintern nicht mehr vom Sofa hoch kriegen und sich darauf verlassen das der Enkel, Sohn etc. die neusten Filmchen per CD vorbei bringt. So geht ein Stück Familienkultur den Bach runter, denn wann ist denn die Familie noch gemeinsam zusammen??? Früher ab und an im Kino, jetzt bei Erbstreitigkeiten und Beerdigungen. Schöne Aussichten!
 

Angelo R. meint:

Zur aktuellen Frage nach den Gründen für das miserable Kinojahr fällt mir zwar auch keine plausible Antwort an. Aber ich finde am Beispiel American Pie kann man wenigstens genau erkennen, dass die Lage in Deutschland viel schlimmer ist als in anderen Ländern. Teil 1 hatte bei uns 6,1 Millionen, Teil 2 knapp 5,8 Millionen. Der dritte Teil steht im Moment bei 2,3 Millionen und wird die 3 Millionen Hürde höchst wahrscheinlich nicht mehr überspringen. Nun könnte jemand argumentieren, dass einer Franchise ja zwangsläufig die Luft ausgeht. Das ist schon richtig, aber in diesem Ausmaß? Das sind Rückgänge von 50-60% , in keinem anderen Land ist AP3 so unerfolgreich im Vergleich zu den ersten beiden Teilen. Fast überall liegt Teil 3 entweder knapp hinter seinen Vorgängern oder aber hat einen oder beide schon überholt. Selbst in den USA liegt Teil 3 gleichauf mit Teil 1 und nur  ca. 30% hinter Teil 2. Woran liegt es, dass eine überaus erfolgreiche Franchise auf einmal so exorbitant einbricht? Wer weiß...