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ZU VIELE KINOS?

Leserbriefe

 

29. März 2006

Liebe Kinobranche,

 

in diesem Artikel habe ich es schon erwähnt - es gibt tatsächlich seriöse Stimmen in der Branche, die behaupten, dass es zu viele Kinos im Lande gibt. Natürlich bin ich mit dieser Verallgemeinerung nicht einverstanden, aber dennoch kann ich mir bei dieser Aussage ein Lächeln nicht verkneifen, wenn ich an den September in diesem Jahr denke!

 

Werfen wir zuerst einen Blick auf den 14. September 2006:

 

Da startet Buena Vista den siebten Pixar-Film Cars. Im Schnitt hatten die bisherigen sechs Pixar-Filme 4,1 Mio. Besucher, da ist es nicht verwunderlich, dass die letzten beiden Filme mit jeweils über 1.000 Kopien gestartet wurden.

 

Das Parfüm - Die Geschichte eines Mörders ist nicht nur einer der erfolgreichsten Bestseller der letzten Jahrzehnte, sondern auch eine der teuersten und wichtigsten Produktionen Bernd Eichingers und der Constantin, wahrscheinlich höher einzuschätzen als Der Untergang (4,6 Mio. Besucher), der vor zwei Jahren in 405 Kinos eröffnete und später 667 Kopien im Einsatz hatte.

 

Der 21. September 2006 sieht auch recht interessant aus:

 

Denn da holt Warner Bros. zum Doppelschlag aus...

Brad Pitts letzte vier Filme hatten im Schnitt 3,8 Mio. Besucher und wurden in durchschnittlich 757 Kinos gestartet. Sicherlich, The Assassination of Jesse James by the Coward Robert Ford ist zwar ein Western und dürfte deswegen vielleicht mit weniger Kopien starten, aber vielleicht ist die Zeit wieder reif für einen Westernerfolg á la Der mit dem Wolf tanzt?

Dann wäre da noch der einheimische Zeichentrickfilm Oh wie schön ist Panama nach dem Kinderbuchklassiker von Janosch. Hier dürfen wir wohl davon ausgehen, dass der Film ähnlich breit gestartet wird wie Warners Der kleine Eisbär-Filme, also 555 Kopien (Schnitt).

 

Richtig wild wird es am 28. September 2006:

 

Wenn Senator Film alles richtig macht und einen perfekten Trailer schneidet, dann könnte Special einer der erfolgreichsten Filme in der Karriere von Til Schweiger werden (und natürlich einer der Top-Filme des Jahres) und müsste eigentlich in ebenso vielen Kinos gestartet werden wie Knockin' On Heaven's Door (522).

 

Deswegen macht es auch nicht viel Sinn, dass Click am gleichen Termin startet, denn die Bruce Allmächtige (3,5 Mio. Besucher) Komödie hat das Zeug dazu, Adam Sandlers größter Hit zu werden. Seine bisherigen vier erfolgreichsten Filme wurden genauso wie Click von Sony verliehen und mit durchschnittlich 739 Kopien gestartet.

 

Dann wäre da noch Oliver Stones World Trade Center mit Nicolas Cage. Natürlich kann man noch nicht die Chancen dieser Produktion einschätzen, aber klein wird der Film sicherlich nicht gestartet.

 

Das Gleiche gilt für Pathfinder, eine der US-Sommer-Blockbuster-Hoffnungen der 20th Century Fox.

 

Und dann gibt es noch die Jugendfilm-Hoffnung der Constantin, TKKG der Erfolgsproduzentin Uschi Reich, deren letzter Film Die wilden Hühner vom gleichen Verleih mit 575 Kopien gestartet wurde.

 

 

Bei dieser kleinen Aufstellung habe ich nur die wichtigsten Filme aufgelistet und die Filme, die am 7. September starten, gänzlich ignoriert. Aber eines kann ich mit Gewissheit schon jetzt vorhersagen: Spätestens am Montag, den 25. September wird kein Branchenprimus behaupten, dass es zu viele Kinos in Deutschland gibt...

 

 

 

Aus Liebe zum Kino,

 

Euer Mark G.

 

P.S.

Wie immer ist jede Mail zum Thema willkommen und wird auf dieser Seite veröffentlicht.

 

Robert schreibt:

Lieber Mark!
 
Noch vor wenigen, fast könnte man sagen Monaten, haben die Verleihchefs getönt: Es gibt zu wenige Säle in Deutschland, mindesten 1.000. Also haben die Kinobesitzer gebaut wie die Wilden.
Durch den Bauboom gab die Filmwirtschaft den Slogan heraus: Im Jahr 2000 200 Mio Besucher in Deutschland.
Was daraus wurde, wissen wir ja.
Aber jetzt kommt die Digitalisierung!
Jetzt befürchten die Verleiher, dass Sie sich an der Finanzierung dieser Umstellung beteiligen sollen, da sie ja die einzigen Nutznießer dieser Umstellung sind.
Es gibt ja auch schon Aussagen von Herrn Braun (Verleihchef der Buena Vista), dass auch nach der Umstellung auf Digital nicht alle Kinos die es wollen, eine dann für den Verleih nichts mehr kostende Kopie erhalten. So wollen sie ihren Kopf, sprich Job retten, denn nach der Digitalisierung braucht man eigentlich keine Chef mehr, der am Montag bei den kleinen Kinobesitzern seine Marktmacht ausspielt. Denn bei den großen Kinoketten haben sie ja sowieso nichts zu reden.
Und so wollen Sie die Kosten für sich möglichst gering halten, und hoffen, dass ihre Kopienreduktion möglichst viele der in ihrer Sicht überflüssigen Kinos zur Schließung veranlasst.
Ich bitte dich auch deine hochinteressante Statistik über die Kopien in Verhältnis zu den Nachbarländern weiter zu führen.
 
Gruss

 

Andreas schreibt:

Einiges was Robert schreibt, verstehe ich nicht und widerspricht sich. Auch mit Digitalkopien wird nicht jedes Kino beliefert werden, denn zum Einen kosten auch diese Kopien Geld (wenn auch weniger als 35mm) und zum Anderen muss trotzdem individuell auf Einzugsgebiete und Kinokonkurrenzen Rücksicht genommen werden. Die Verleiher würden natürlich viel Geld sparen können, WENN auch alle Kinos digital abspielen könnten. Das wird aber auf etliche Jahre hinaus nicht der Fall sein, s.d. im Gegenteil in den nächsten Jahren parallel 35mm- Kopien und Digitalfestplatten produziert werden müssen.

Nur weil sich die physische Präsenz von Filmen ändert, wird deshalb nicht das montägliche Dispospiel zwischen Verleihern und Kinos wegfallen. Es kann sein, dass auf beiden Seiten immer weniger Menschen miteinander kommunizieren (aufgrund der Konzentrationserscheinungen auf beiden Seiten), aber die Verleiher werden kaum ihre Entscheidungsbefugnis über ihre Filme einfach so abgeben. Ein bißchen problematisch sehe ich auch die Fragestellung von Mark, denn es ist schon ein Unterschied, ob wir über die Zahl der Kinos oder die Zahl der Leinwände reden. Breite Starts wie ICE AGE 2 starten die 1000 Kopien ja nicht in 1000 Kinos, sondern vielleicht in 700 Spielstätten. Eine höhere Kopienzahl bedeutet nicht zwingend, dass auch kleine Kinos in der Provinz beliefert werden. Der Teufelskreis läuft weiter: weil diese Minikinos sinkende Zuschauerzahlen haben, bekommen sie keine Startkopien und haben noch weniger Zuschauer. Ein Rückgang der Kinozahl ist auch vor dem Hintergrund geänderter Konsumverhalten und technischer Entwicklungen leider unvermeidlich.
 

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